Wirtschaftliche und soziale Modernisierung der Zweiten Polnischen Republik
Pawel Grata: Wirtschaftliche und soziale Modernisierung der Zweiten Polnischen Republik
Einführung
Modernisierung ist ein mehrdeutiger Begriff. Er bezeichnet einen breit verstandenen wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt, der sich unter bestimmten Bedingungen vollzieht und zu einem Modell führt, das einen Bezugspunkt für Aktivitäten bildet, die unter dem Begriff Modernisierung in einem bestimmten Zeitraum an bestimmten Orten durchgeführt werden. Die Modernisierung muss mit demografischen, wirtschaftlichen, sozialen, politischen, kulturellen, mentalen oder religiösen Faktoren rechnen, sodass sie in der Regel unterschiedliche Ausprägungen erfährt, in jedem Fall aber mit einem bedeutenden sozialen Wandel einhergeht.
Die Modernisierungsprozesse in der Zweiten Republik werden seit Jahren zwiespältig beurteilt, ihre Existenz wird in der Literatur vielfach in Frage gestellt. Diese Infragestellung erfolgte auf der Grundlage statistischer Daten, die einen zahlenmäßigen Rückschritt in vielen Bereichen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens in der Zwischenkriegszeit belegen. Es ist sicher unbestreitbar, dass einige der Indizes sich Ende der 1930er Jahre auf einem niedrigeren Niveau befanden als 1913, was das Vorhandensein und vor allem – im Zusammenhang mit der großen Wirtschaftskrise – die Nachhaltigkeit der Modernisierung in Polen zu dieser Zeit in Frage stellen dürfte.
Umso lohnender und notwendiger ist es, sich mit dem Problem des Verlaufs bzw. des Ausbleibens der wirtschaftlichen und sozialen Modernisierungsprozesse in der Zweiten Republik näher zu befassen. Prozesse, die nicht immer auf den ersten Blick sichtbar sind, die aber dennoch unbestreitbar vorhanden waren und sowohl einen Beweis für realen Fortschritt in einer Gesellschaft darstellen, die immer noch auf einer nicht-modernen Wirtschaftsstruktur basierte, als auch ein wichtiger Motor für die in den folgenden Jahrzehnten sichtbar werdende langfristige Entwicklung waren. Natürlich war dies nicht überall gleichmäßig der Fall. In vielen Aspekten des wirtschaftlichen und sozialen Lebens waren sie kaum initiiert, doch war ihre Tragweite so groß, dass es sich lohnt, über sie zu sprechen, insbesondere über diejenigen, die einen wichtigen Schritt in Richtung Moderne darstellten oder direkt als Antwort auf die damaligen Herausforderungen betrachtet werden konnten. Zudem ist zu untersuchen, ob sie einen nachhaltigen Einfluss auf die zukünftigen Entwicklungsprozesse in Polen nach dem Zweiten Weltkrieg hatten. Ziel dieses Artikels ist es daher, auf der Grundlage neuester Forschungsergebnisse die grundlegenden Phänomene der wirtschaftlichen und sozialen Modernisierung in Polen in der Zwischenkriegszeit darzustellen.
Eröffnungsbilanz
Die Modernisierungsprozesse, die im 19. Jahrhundert in Polen stattfanden, waren per Definition mit den Veränderungen in den entwickelten westlichen Ländern verbunden. In der Regel, wenn auch nicht immer, blieben sie jedoch aus einer Reihe von Gründen ein entferntes Echo, das keine klare Antwort auf die damit verbundenen Fragen nach dem Umfang, dem Ausmaß und folglich der Bedeutung oder sogar der Richtung der stattfindenden Veränderungen erlaubte. Als Folge jahrhundertelanger historischer Prozesse und der Zugehörigkeit zu den in ihrer Entwicklung sehr unterschiedlichen Teilungsmächte bestimmten die zum Teil dramatischen zivilisatorischen Unterschiede nicht nur das Konzept der Modernisierung dieser Gebiete in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sondern auch weitgehend die Entwicklungsprozesse in den Zeiten der mühsam wiedererlangten Unabhängigkeit.
Die Eröffnungsbilanz des entstehenden Staates ist hinlänglich bekannt. Es sei an dieser Stelle nur daran erinnert, dass sie sowohl Gebiete umfasste, die entwickelt waren und den Kriterien der Moderne, wie sie am Ende des zweiten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts verstanden wurde, entsprachen, als auch solche, die eher den Realitäten des späten Feudalismus entsprachen und auf einer primitiven Landwirtschaft, fast einer Naturalwirtschaft beruhten. Zwischen den ersteren (Oberschlesien, preußisches Teilungsgebiet, also Großpolen und Teile Westpreußens) und den letzteren (das östliche Grenzland) lagen die Gebiete des vormals zum russländischen Imperium gehörigen Königreichs Polen und des bis 1918 habsburgischen Galiziens, in denen große unterentwickelte Landstriche an einige wenige industrialisierte Enklaven der Vormoderne angrenzten, in denen der Industrialisierung jedoch keine institutionellen Veränderungen folgten, die, wie zahlreiche Beispiele aus Westeuropa oder dem preußischen Teilungsgebiet zeigen, eine unabdingbare Voraussetzung für die Modernisierung waren, die Gegenstand dieses Textes ist.
Zu allem Überfluss zeigte sich bald, dass der Krieg und die anschließende Gründung eines Staates, der Traum von Heimat, für den Generationen gekämpft hatten, gerade den Wirtschaftszweigen, die in den letzten Jahrzehnten der Teilungszeit glänzend gediehen waren, ernste Probleme und in einigen Fällen einen sichtbaren Rückschritt bescheren würde. Zu nennen sind hier die Landwirtschaft im preußischen Teilungsgebiet, die Textilindustrie im Königreich Polen, die Lebensmittelindustrie in allen drei Teilungsgebieten und die Ölindustrie in Galizien, die sich nicht von den höchsten europäischen Standards unterschied. Der Verlust ehemaliger Märkte, verbunden mit den Zerstörungen und Verlusten des Krieges sowie die Beschädigungen einer wenig entwickelten technischen und wirtschaftlichen Infrastruktur trugen ebenfalls zum Bild der Eröffnungsbilanz nach Erlangung der Unabhängigkeit bei.
Dieses nicht sehr optimistische Bild, das sich aus der Bewertung des Zustands der Entwicklungsprozesse in den genannten Gebieten ergibt, die allmählich Teil der entstehenden Republik wurden, sollte nicht völlig negativ bewertet werden. Unter den gegebenen Umständen musste die Modernisierung trotz des dramatisch niedrigen Ausgangsniveaus der sie konstituierenden Prozesse in den meisten Fällen als eine notwendige Bedingung nicht nur für die Entwicklung, sondern sogar für die Existenz oder das Überleben des jungen Staates angesehen werden. Außerdem gaben die genannten Enklaven der Moderne, auch wenn es nur wenige waren, die staatlichen Aufgaben und die zu erreichenden Ziele (in einer zugegebenermaßen unvorhersehbaren Zeitperspektive) klar vor. Die dauerhafte Aufrechterhaltung solch dramatischer Disparitäten, die sich nicht nur im Lebensstandard ganzer Gesellschaftsschichten, sondern auch in der unterschiedlichen Gesetzgebung der einzelnen Landesteile ausdrückten war jedoch schwer vorstellbar. Unterschiede im Arbeitsrecht, in den sozialen Sicherungssystemen oder im Gesundheitswesen mussten dringend ausgeglichen werden.
Zugleich stand die Frage nach dem weiteren Schicksal der einzelnen Modernisierungserfolge auf der Tagesordnung, da sie nur in einigen Gebieten vorhanden waren, mithin also eine Angleichung nach unten zu befürchten war. Diese Frage sollte jedoch als eine rhetorische angesehen werden, denn einerseits wurde durch die Genfer Konvention von 1922, in der der Polen die Beibehaltung der günstigsten sozialen Lösungen garantierte, die auf den Gebieten des ihm zugewiesenen Teils Oberschlesiens galten, eine Verschlechterung vertraglich blockiert. Zum anderen gab es von Anfang an offizielle Erklärungen, in denen der neue Staat seine Absicht bekräftigte, die modernsten rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lösungen, die zuvor nur in einzelnen Gebieten galten, auf das Gebiet des gesamten Landes auszuweiten. Dies wurde durch Gesetze der neuen Legislative bestätigt, die die Gleichheit aller Staatsbürger, das Wahlrecht der Frauen, die bereits am 7. Februar 1919 eingeführte Schulpflicht und die von der Regierung Jędrzej Moraczewski (und den nachfolgenden Kabinetten) eingeführten modernen Lösungen im Bereich des Arbeitsrechts garantierten.
Wirtschaftliche Modernisierung
Die aus Sicht des entstehenden Staates objektiv notwendigen Modernisierungsprozesse konnten inmitten der aktuellen Aufgaben, die in den ersten Jahren der Unabhängigkeit oft mit dem Kampf um die staatliche Existenz verbunden waren, kaum durchdringen. Denn der Wiederaufbau, der innerhalb weniger Jahre nach Kriegsende stattfand, konnte kaum als Modernisierung bezeichnet werden, die darauf abzielte, mehr oder weniger erfolgreich, aber unterbrochen durch das Trauma der Hyperinflation, das Niveau der wirtschaftlichen Aktivität von Staat und Gesellschaft vor 1914 zu erreichen.
Auch die für die Wirtschaft des Staates so wichtige Steuer- und Währungsreform des Kabinetts von Władysław Grabski in den Jahren 1924–1925 sollte nicht direkt mit dem Konzept der Modernisierung in Verbindung gebracht werden. Sie führte zwar zu einer Stabilisierung der Währung und einem relativen Gleichgewicht des Staatshaushalts, was die Grundlage für die künftige Entwicklung bildete, basierte aber auf einem fast klinischen Fiskalismus mit veralteten Steuerinstrumenten (bis hin zur Idee von Steuermonopolen, die auf den Merkantilismus zurückgingen), was im Widerspruch zu den diesbezüglichen Ansichten stand, die Grabski selbst nur wenige Jahre zuvor vertreten hatte.
Die Währungsreform, die eine große Errungenschaft und ein Objekt des nationalen Stolzes war, brachte gleichzeitig eine – wie sich herausstellen sollte – dauerhafte Fehlanpassung des Geldumlaufs an die Entwicklungsbedürfnisse des Staates. Der überbewertete Wechselkurs des Zloty gegenüber ausländischen Währungen, schlug sich in einer wesentlich geringeren Geldmenge nieder, als sie der Wirtschaft vor dem Weltkrieg zur Verfügung stand. Dies stellte in den kommenden Jahren ein bedeutendes Hindernis für Modernisierungsprozesse dar, und zwar sowohl in den guten Zeiten der zweiten Hälfte der 1920er Jahre als auch während der Weltwirtschaftskrise und in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre, die von Eugeniusz Kwiatkowskis staatlichem Interventionismus geprägt waren.
Angesichts der sich kaum verändernden politischen, kriegsbedingten, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen nach der Unabhängigkeit ist es nicht verwunderlich, dass – abgesehen von einzelnen Fällen der Entwicklung moderner Industrieanlagen, die nicht Gegenstand dieser Skizze sind – reale und spürbare Modernisierungsprozesse in der Wirtschaft erst in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre einsetzten, als Polen, nachdem es die Rezession nach der Stabilisierung überwunden hatte, wie viele andere europäische Länder in eine Phase der wirtschaftlichen Prosperität eintrat. Dies geschah zwar erst Mitte 1926, brachte aber bedeutende Entwicklungsfortschritte mit sich. Die zweite Stabilisierung des Złoty, der Anstieg der Produktion, der Investitionen und der Beschäftigung in der Industrie, die Beschleunigung der Investitionsprozesse in der Landwirtschaft, einschließlich einer erheblichen Vergrößerung der im Rahmen der Bodenreform parzellierten Flächen, erhebliche Haushaltsüberschüsse und schließlich die entwicklungsfördernde Wirtschaftspolitik der Behörden führten zu landesweit sichtbaren Modernisierungserfolgen. Beispiele hierfür sind die Beschleunigung des Hafenbaus und der Stadt Gdynia (polnischer Zugang zur Ostsee), der Bau einer Eisenbahnlinie, die Schlesien mit dem neuen Hafen verband, die größte staatliche Investition der Zwischenkriegszeit, die mit dem Bau eines Chemiewerks in Mościce verbunden war, oder der Erlass eines Präsidialdekrets vom 22. März 1928 über Steuererleichterungen für Unternehmen, die im so genannten Sicherheitsdreieck investierten. Modernisierungsprozesse gab es auch im Bereich des Konsums, insbesondere im Zusammenhang mit der Adaption moderner Erfindungen wie Radio, Kino, Motorisierung, oder Haushaltsgeräte, wenn auch mit dem Vorbehalt, dass diese Neuerungen für einen großen Teil der Gesellschaft noch unzugänglich blieben.
Die relativ kurze Wirtschaftskonjunktur wurde nicht voll genutzt. Der immer noch zu geringe Geldmengenumlauf, der durch die zweite Stabilisierung des Zloty aufrechterhalten wurde, das Einfrieren der Mittel aus dem Stabilisierungsdarlehen von 1927 und der beträchtlichen Überschüsse im Staatshaushalt sowie das Ausbleiben der seit mehreren Jahren angekündigten Steuerreform, die dem Wirtschaftsleben zugutekommen sollte, waren die grundlegenden Versäumnisse in dieser Hinsicht, deren negative Auswirkungen in der Krise schnell deutlich wurden. Sie wurde zu einem schweren Schlag für die Wirtschaft und die Gesellschaft, und die zuvor begangenen wirtschaftspolitischen Fehler verschärften die negativen Auswirkungen noch. Es ist daher schwierig, die erste Hälfte des zweiten Jahrzehnts der Unabhängigkeit unter dem Gesichtspunkt der stattfindenden Modernisierungsprozesse zu bewerten. Das Ausmaß und die Tiefe der Krise brachten zudem einen deutlichen Rückschritt anstelle eines Fortschritts und bestimmten weitgehend das in vielen Fällen negative Bild der gesamten Zwischenkriegszeit im Vergleich zur Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.
Die Krise hat jedoch trotz all ihrer negativen Auswirkungen auch einige Vorteile für den Modernisierungsprozess mit sich gebracht. Das Ausmaß des Zusammenbruchs als unmittelbare Folge der wirtschaftlichen und sozialen Struktur des Staates machte es erforderlich, Maßnahmen zu ergreifen, die auf grundlegende Veränderungen in dieser Hinsicht abzielten. Zu den Befürwortern solcher Veränderungen gehörten die Hauptverantwortlichen für die Wirtschaftspolitik des Staates in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre, insbesondere Eugeniusz Kwiatkowski. Nach dem Tod von Józef Piłsudski gehörte er erneut dem Kabinett an, diesmal als stellvertretender Ministerpräsident mit Zuständigkeit für Wirtschaftsfragen und als Finanzminister.
Vor dem Hintergrund einer sich verbessernden Wirtschaftslage schlug er einen Vierjahres-Investitionsplan vor. Zunächst bedeutete dies keinen Durchbruch in Bezug auf Umfang und Ausmaß der Modernisierungsbemühungen, und die für Investitionen vorgesehenen Beträge waren nicht viel höher als in den Vorjahren. Kwiatkowski leitete jedoch ein neues Denken über diese Art von Aktivitäten ein. Die Konzentration der Ausgaben Anfang 1937 auf das Projekt des Zentralen Industriebezirks (poln.: Centralny Okręg Przemysłowy, COP) und die Rolle des Staates als Hauptinvestor markierten einen echten Wandel in dem, was wir heute als Modernisierung bezeichnen würden. Entscheidend war auch die Übernahme der Verantwortung für die damit verbundenen Prozesse durch den Staat.
Unabhängig von der im Zusammenhang mit der Errichtung des COP betriebenen Propaganda und der Unmöglichkeit, das Vorhaben zu vollenden, sollte seine modernisierende Bedeutung hervorgehoben werden. Der Zentrale Industriebezirk war nicht nur Anschub für eine neue Industrieproduktion, sondern auch ein Schritt in Richtung Industrialisierung und Urbanisierung der rückständigen Gebiete Polens, bis heute häufig als „Polen B“ bezeichnet. Der Bau moderner Arbeitersiedlungen, die die bis dahin geltenden unwürdigen Standards ersetzen sollten, der soziale und berufliche Aufstieg von Tausenden von Arbeitern, die in den neu errichteten Betrieben beschäftigt waren, wurden zu ersten bedeutenden Schritten in Richtung Veränderungen in der gesamten Wirtschaft und waren somit wichtige Indikatoren einer beginnenden Modernisierung.
Letzteres wird sowohl durch das große Interesse des privaten Sektors hinsichtlich weiterer Investitionen im neuen Industriebezirk bestätigt, das im Sommer 1939 deutlich wurde, als auch durch die Formulierung eines neuen Denkens über Wirtschaftsentwicklung, das einherging mit der Errichtung des Distrikts und in einigen Fällen auch zu konkreten Umsetzungen führte. Zu erwähnen ist hier die Ankündigung des Baus eines weiteren Industriebezirks mit Sitz in Lemberg, vor allem aber der im Dezember 1938 vorgelegte Fünfzehnjahresplan für den Ausbau Polens, dessen Ziele direkt mit der Idee der grundlegenden Modernisierung des Staates übereinstimmten. Obwohl der Plan nie im Detail ausgearbeitet wurde (der Sejm verabschiedete lediglich ein Gesetz über den Investitionsplan für die erste Dreijahresperiode), waren allein die Tatsache seiner Formulierung und die darin enthaltenen Annahmen ein Beweis für die politische Ausrichtung auf Entwicklung und Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Anders als von zahlreichen Kritikern des Kwiatkowski-Plans suggeriert, sollte dieser ernster genommen werden, insbesondere im Zusammenhang mit den damals stattfindenden, aber auch den nur geplanten Modernisierungsprozessen.
Umgesetzt wurde der Plan, wenn auch global gesehen noch nicht sehr sichtbar, durch die immer zahlreicher werdenden Enklaven der Moderne in der Industrie, aber auch durch die in den letzten Vorkriegsjahren durchgeführten Modernisierungsaktivitäten in den östlichen Grenzgebieten, eine deutliche Wiederbelebung der Investitionen in den Städten, ehrgeizige Pläne für den Ausbau der Strom- und Gasnetze, die Beschleunigung der Motorisierung des Landes oder die Entwicklung der touristischen Infrastruktur, insbesondere in den Regionen Podhale und den Ostkarpaten, verbunden mit Aktivitäten zur Wiederbelebung des Tourismus im Land, z. B. durch die Liga zur Förderung des Tourismus.
Dennoch muss dieses scheinbar optimistische Bild durch die Tatsache korrigiert werden, dass sowohl der Aufbau der COP als auch viele der anderen oben erwähnten Prozesse vorläufiger, oft isolierter Natur waren und sich noch nicht in nennenswertem Umfang auf die gesamte wirtschaftliche und soziale Struktur des Landes auswirkten. Die polnische Wirtschaft basierte immer noch weitgehend auf der Landwirtschaft, in der die Veränderungen zwar sichtbar, aber sehr langsam vor sich gingen. Die Mehrheit der Einwohner des Landes waren nach wie vor arme Bauern, die nicht an den Marktprozessen teilnahmen. Die Hauptstütze von Handel und der Dienstleistungen blieben (trotz der Existenz von Enklaven in Form von modernen Kaufhäusern in den Großstädten) kleine, schlecht geführte Betriebe, die oft von armen Juden geführt wurden. Das Ausmaß der versteckten Arbeitslosigkeit auf dem Lande, die zunehmend durch Erhebungen des Instituts für Sozialwirtschaft und des Instituts für soziale Angelegenheiten bestätigt wurde, förderte das Gefühl der Hilflosigkeit, da die umfangreichen Beschäftigungspolitik nicht zu wirken schien. Der geplante Ausbau der Infrastruktur war eher ein Versprechen für die Zukunft als etwas, das das wirtschaftliche und soziale Leben der damaligen Zeit realistisch unterstützte. Bezeichnender Weise war aber das Bewusstsein für die bestehende Unterentwicklung so weit verbreitet, dass die Notwendigkeit einer Modernisierungsanstrengung in einem noch nie dagewesenen Ausmaß bei den Spezialisten und der damaligen Regierung nicht mehr zur Diskussion stand.
Soziale Modernisierung
In einer Situation, in der sich die Modernisierungsprozesse in der Wirtschaft noch in einem sehr vorläufigen Stadium befanden, war es schwierig, wesentliche Veränderungen in der Sozialstruktur zu erwarten, die sich am Ende der Zwischenkriegszeit nur geringfügig von derjenigen der frühen 1920er Jahre unterschied. Die Verschiebungen zwischen den einzelnen Berufsgruppen waren zwar vorteilhaft, aber gering, und man sollte eher von Veränderungen oder zivilisatorischem Fortschritt im Zusammenhang mit anderen Ebenen sprechen, anstatt arithmetisch Veränderungen innerhalb der entsprechenden Statistiken zu betrachten.
Folglich sollte der Begriff der gesellschaftlichen Modernisierung relativ umfassend behandelt werden. Einerseits wurde sie trotz der noch praktisch unveränderten sozio-beruflichen Struktur der Bevölkerung durch die Verbreitungsprozesse der Errungenschaften der Moderne, einschließlich der Massen- und Populärkultur im weitesten Sinne, bestimmt, die – auch dank der vermehrten Bildungsanstrengungen – immer breitere Schichten der Gesellschaft durchdrangen und ein wichtiges Element ihrer Entwicklung darstellten. Als eine Art Nebeneffekt der sich vollziehenden Veränderungen wurde der Prozess der sozialen Integration trotz aller bestehenden nationalen, religiösen oder beruflichen Unterschiede sichtbar.
Andererseits fanden wichtige qualitative Veränderungen statt, die von einer zwar langsamen, aber dennoch stattfindenden Modernisierung zeugten. Dies war zu einem großen Teil dem Wirken der staatlichen Institutionen zu verdanken, die als Schöpfer des sozialen Wandels rasch für die Sicherung grundlegender Freiheitsrechte sorgten (Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz, Frauenwahlrecht, Unverletzlichkeit des Privateigentums, bestätigt durch die Verfassung vom März 1921). Die wichtigste Maßnahme war sicher die Einführung der Schulpflicht im gesamten Staatsgebiet, war diese doch im 19. Jahrhundert eine der wesentlichen Voraussetzungen für die in Westeuropa stattfindenden Entwicklungsprozesse. Aus verschiedenen Gründen (politische, soziale und wirtschaftliche) fehlte die Schulpflicht entweder in der Teilungszeit ganz oder wurde als ein Instrument zur Entfremdung der polnischen Kinder angesehen (Unterricht in Russisch und Deutsch). Obwohl die durch das Dekret vom 7. Februar 1919 eingeführte Schulpflicht nie vollständig umgesetzt wurde, kann ihre Auswirkung auf die Einschulungsrate von Kindern im Alter von 6–13 Jahren, die von 69 % im Schuljahr 1921/1922 auf 90,6 % im Schuljahr 1938/1939 anstieg, kaum unterschätzt werden.
Ein äußerst wichtiger Bestandteil und zugleich integrierender Faktor der Moderne im weitesten Sinne des Wortes war die Sozialpolitik, die vom Staat oder unter seiner Leitung betrieben wurde. Aufgrund ihres Charakters und ihres engen Zusammenhangs mit dem, was man als gesellschaftliche Modernisierung bezeichnen könnte, bestimmte die Sozialpolitik in hohem Maße direkt die Richtung der Veränderungen in der Sozialstruktur, steuerte diese Prozesse gelegentlich unfreiwillig, aber dennoch, übernahm also selbst die Rolle des Sozialingenieurs, lange bevor die Kommunisten in Polen ein Modell gewaltsamer, von oben aufgezwungener sozialer Veränderungen einführten, das in Ansatz und Methodik ordinär war.
Es ist hervorzuheben, dass die polnische Sozialpolitik von Anfang an versucht hat, sehr fortschrittlich zu sein. Und auch wenn die gesetzten Modernisierungsziele eher in Absichtserklärungen oder bei verschiedenen Gelegenheiten formulierten Erwartungen bestanden, als in realistisch belegten, aber über die wirtschaftlichen und menschlichen Möglichkeiten des Staates hinausgehenden, effektiven Maßnahmen, sollten sie im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Veränderungen in den beiden betrachteten Jahrzehnten in Erinnerung gerufen werden. Hier ist beispielsweise der Idealismus zu nennen, den die Verfasser des Wohlfahrtsgesetzes von 1920 an den Tag legten, indem sie an eine rasche Entwicklung der Sozialversicherung glaubten, die einen schrittweisen Abbau der Wohlfahrtsmaßnahmen ermöglichen würde; dies wurde in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre proklamiert und fand seinen Ausdruck in der Losung „dem Dorf zu Hilfe kommen“, also der systematischen Anhebung des Lebensniveaus der ländlichen Bevölkerung. Zu nennen sind weiterhin: Das Gesetz über die Mutterschafts-, Kinder- und Jugendfürsorge, das wegen seiner hohen Kosten nicht verabschiedet wurde, das Gesetz über die öffentliche Gesundheitsfürsorge, das zwar verabschiedet wurde, aber erst im Juni 1939, und das den Weg zur Ausweitung der medizinischen Versorgung auf alle Bürger des Staates ebnen sollte.
Neben diesen Ideen und Handlungsansätzen, die in der zweiten Hälfte der 30er Jahre eindeutig mit der immer umfangreicheren entwicklungsfördernden Wirtschaftspolitik des Staates übereinstimmten, gibt es viele Belege für eine reale Auswirkung auf die Modernisierung des Lebensstandards von Hunderttausenden, wenn nicht gar Millionen von Einwohnern des Landes. Wenn auch die Errungenschaften der Zweiten Republik im Bereich der Arbeitsgesetzgebung zu Recht an erster Stelle genannt werden, so sollte doch das mühsam, wenn auch viel zu lange aufgebaute System der Sozialversicherung, oder allgemeiner gesagt, der sozialen Sicherheit, mehr in den Vordergrund gerückt werden, wenn auch mit vielen Vorbehalten.
Die Ausweitung des Wirkungsbereichs der nach deutschem Vorbild gestalteten modernen Lösungen brachte Garantien für den Zugang zur Gesundheitsversorgung, auch im Rahmen des Mutterschutzes, für versicherungspflichtige Arbeitnehmer und ihre Familien (Dekret von 1919, dann Gesetz vom Mai 1920). Das bis zur zweiten Hälfte der 1920er Jahre aufgebaute Netz von Krankenkassen, später die Sozialversicherungsanstalten, bot mehreren Prozent der Bevölkerung einen Krankenversicherungsschutz. Auch wenn dies im Vergleich zu den westlichen Ländern kein gutes Ergebnis war, so war es doch ein bedeutender Fortschritt gegenüber der Zeit der Teilungen, als es derartige Leistungen nur in den preußischen und österreichischen Teilungsgebieten gab, aber nicht im bevölkerungsreichsten russischen Teilungsgebiet (dort wurde erst 1924 eine Versicherung gegen Arbeitsunfälle eingeführt). Der Höhepunkt des Aufbaus des Systems der Versicherung gegen verschiedene Lebensrisiken war, wenn auch mit großer Verspätung, das Integrationsgesetz von 1933, das im ganzen Land Bestimmungen einführte, die den Schutz des Einkommens im Falle von Alter und Invalidität garantierten (zuvor nur im ehemaligen preußischen Teilungsgebiet bekannt) sowie Witwen- und Waisenrenten für berechtigte Familienangehörige eines verstorbenen Arbeitnehmers.
Mit der Sozialversicherung und einem System von Vorsorgeleistungen des Staates, der Kommunen und der staatlichen Unternehmen (staatliche Renten, kommunale Renten, Kriegsinvalidenrenten) wurden weitere Bevölkerungsgruppen in den Kreis der von den herkömmlichen Lebensrisiken (Alter, Krankheit, Arbeitsunfall, Tod) zumindest teilweise unabhängigen Bürger aufgenommen. Die Zahl der Leistungsempfänger reichte 1938 von rund 830.000 Beziehern von Alters- und Invaliditätsrenten (die Millionen anderer Menschen in einer ähnlichen Lebenssituation nicht zur Verfügung standen) bis zu rund 5 Millionen Krankenversicherten. Ergänzt wurde das Versicherungssystem durch die bereits 1924 eingeführte obligatorische Arbeitslosenversicherung, die zwar nicht alle nichtlandwirtschaftlichen Arbeitnehmer erfasste, aber dennoch modern war.
Der relativ niedrige Prozentsatz der Bürger, die in den Genuss von Sozialversicherungsleistungen kamen, warf einen Schatten auf die Auswirkungen der sozialen Modernisierung im weiteren Sinne. Dies war jedoch eine unmittelbare Folge der Berufsstruktur der Bevölkerung, die überwiegend auf dem Land lebte und in der Landwirtschaft tätig war, während die damalige Sozialpolitik per definitionem auf die außerhalb des landwirtschaftlichen Sektors Beschäftigten ausgerichtet war, die im Allgemeinen in den Städten lebten. Das Gleiche gilt für die Arbeitsgesetzgebung, die sich zwangsläufig ausschließlich an Lohnempfänger richtete. Abgesehen von ihrem begrenzten Geltungsbereich und der in vielen Fällen fragwürdigen Wirksamkeit ihrer Anwendung enthielt sie moderne grundlegende Lösungen (Arbeitszeit, Urlaub, Gewerkschaften, Arbeitsinspektion), die über die Vorschriften der Internationalen Arbeitsorganisation hinausgingen (wie das Verbot der Kinderarbeit unter 15 Jahren), sowie Bestimmungen, die für die Arbeits- und Lebensbedingungen von jungen Arbeitnehmern und Frauen von großer Bedeutung waren (ärztliche Untersuchungen von Jugendlichen als Anfänge der Arbeitsmedizin, Betriebskindergärten und Mutterschutz). Obwohl der Weg zur tatsächlichen Umsetzung moderner Lösungen in den meisten Fällen schwierig und holprig war, gelang es im Laufe der Zeit, zumindest einige von ihnen in größerem Maßstab zu implementieren.
Das dritte Feld der Modernität in der Sozialpolitik der 1930er Jahre war zweifellos die Beschäftigungspolitik, die sich auf die besten ausländischen Lösungen berief. Ihr Symbol wurde der 1933 gegründete Arbeitsfonds. Dabei handelte sich um eine Institution, die Arbeitsplätze schuf (öffentliche Arbeiten), öffentliche Infrastrukturinvestitionen (Finanzierung der für ihre Durchführung erforderlichen Arbeitskräfte), aber auch moderne Lösungen der Arbeitsmarktpolitik einführte (berufliche Vorbereitung arbeitsloser Jugendlicher, Finanzierung der Beschäftigung von Angestellten, Berufsberatung usw.). Bei allen Nachteilen des Fonds (die Belastung des Wirtschaftslebens und der Arbeitnehmer mit einer zusätzlichen öffentlichen Abgabe für sein Funktionieren, die niedrigen Löhne der dadurch beschäftigten Arbeitnehmer, die ungleiche territoriale Verteilung der öffentlichen Arbeiten) darf die Bedeutung dieser Einrichtung für den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt in der zweiten Hälfte der 30er Jahre nicht unterschätzt werden.
Die Aktivitäten des Arbeitsfonds richteten sich jedoch – mit Ausnahme der dort erfassten Jugendlichen – per definitionem nur an die städtischen Arbeitslosen und ermöglichten den arbeitssuchenden Landbewohnern keinen Zugang zum lokalen Arbeitsmarkt. Dies geschah aus Angst vor einem Zustrom von Hunderttausenden weiterer Arbeitsloser in die Städte. Dennoch fanden die Arbeitslosen vom Lande ihren Weg auf den städtischen Arbeitsmarkt, was am besten durch die Tatsache bestätigt wird, dass die Zahl der registrierten Arbeitslosen in der Zeit des zunehmenden Wohlstands in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre anstieg. In Verbindung mit den Investitionen innerhalb des COP, die sukzessive die örtliche Landbevölkerung (zumeist als ungelernte Arbeiter) absorbierten, bedeutete dies eine Wiederaufnahme der Verlagerung von Arbeitsressourcen vom Land in die Städte, die durch die Weltwirtschaftskrise gestoppt worden war, aber für grundlegende strukturelle Veränderungen im Staat notwendig schien.
Die soziale Modernisierung im weitesten Sinne des Wortes sollte auch durch die Tätigkeit der öffentlichen Hand im Bereich der Sozialfürsorge und der versicherungsfremden Gesundheitsfürsorge unterstützt werden, die sich in der Regel auf lokale Behörden und soziale Organisationen stützte. In beiden Fällen blieb das Haupthindernis für die Verwirklichung der ehrgeizigen Pläne, zunächst vor allem im Bereich der Sozialfürsorge (Gesetz von 1923), bis zum Ende der Zwischenkriegszeit die finanziellen Zwänge, die große Unterschiede in der Höhe der entsprechenden Ausgaben und damit auch in der Art und Weise, wie die sozialen Probleme gelöst wurden, verursachten. Diese waren vor allem zwischen Stadt und Land zu beobachten, aber auch aufgrund der Wirtschaftsstruktur des östlichen Grenzgebiets eine deutliche Diskriminierung der dort lebenden slawischen Minderheiten (vor allem Ukrainer). Der Mangel an Ressourcen verhinderte beispielsweise auch die Verabschiedung eines Gesetzes über die Mutterschafts-, Kinder- und Jugendfürsorge, das zum Eckpfeiler einer modernen Familienpolitik werden sollte, oder den Aufbau eines Netzes von präventiven Gesundheitseinrichtungen zur Bekämpfung von Sozial- und Infektionskrankheiten und zur Gewährleistung der Versorgung von Müttern und Kindern, deren Ausbau eine Voraussetzung für die Senkung der dramatisch hohen Kindersterblichkeitsrate war, die zu den höchsten in Europa zählte.
Trotz des offensichtlichen Versagens der öffentlichen Hand bei der Unterstützung der ärmsten Bürger und derjenigen, die nicht in der Lage waren, selbst für ihre Gesundheitsversorgung zu sorgen, sind die auf beiden Ebenen vorhandenen Lösungen zu erwähnen, sowohl die erfolgreich eingeführten als auch diejenigen, die erst in späteren sozialen Modernisierungsprozessen zum Tragen kamen. Zu den Lösungen, die sich auf die Sozialfürsorge beziehen, gehören die Ernennung von Sozialpflegern in den meisten Gemeinden, ein gewisser Fortschritt bei der Spezialisierung der häuslichen Pflege, das sich entwickelnde Modell der Kinderbetreuung durch Ersatzfamilien, das durch die finanziellen Zwänge der Krise erzwungen wurde, nach und nach die kritisierten Pflegeeinrichtungen ersetzte und bereits kurz vor dem Krieg etwa ein Fünftel der pflegebedürftigen Kinder umfasste. Oder die Gesundheits- und Pflegezentren, die ab Mitte der 1930er Jahre als moderne Orte für eine umfassende, multidimensionale Unterstützung der Bedürftigen geschaffen wurden.
Im Gesundheitswesen, das absolut unterentwickelt war und mit personellen und infrastrukturellen Engpässen zu kämpfen hatte, die in absehbarer Zeit nicht behoben werden konnten, wurden die in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre auch auf dem Lande und in den Kleinstädten immer schneller entstehenden Gesundheitszentren, die im Gesetz vom Juni 1939 als Grundlage des künftigen allgemeinen öffentlichen Gesundheitsdienstes behandelt wurden, zum Symbol der eintretenden Modernität. Bereits die Idee eines Gesundheitswesens, die in der öffentlichen Debatte so wahrgenommen wurde, muss als wichtiges Zeichen der gesellschaftlichen Modernisierung angesehen werden, insbesondere in einer Situation, in der das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Aufbaus eines solchen Systems eindeutig mit den Verteidigungserfordernissen des Staates verbunden war. Dem folgte nicht nur das Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst, sondern auch die Änderung der ärztlichen Berufsordnung vom 30. Juli 1938, die junge Ärzte dazu verpflichtete, in ländlichen Gebieten oder Städten mit weniger als 5.000 Einwohnern zu praktizieren.
Zusammenfassung
Wenn man die wirtschaftlichen und sozialen Modernisierungsprozesse in der Zweiten Republik zusammenfasst, ist es schwierig, eindeutige Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Modernisierung bleibt ein objektiv wahrnehmbares historisches Phänomen, aber es ist schwierig, ihren universellen oder gar mehrheitlichen Charakter zu beweisen. Eine solche Schlussfolgerung ist vor allem durch den geringen Umfang der strukturellen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft während der Zwischenkriegszeit bedingt. Die zahlreichen Beispiele des Fortschritts und des zivilisatorischen Wandels zeichneten sich fast alle durch ihre Insellage und ihre geringe gesellschaftliche Reichweite aus, was eine Auswirkung vieler historischer Rückständigkeiten und ungünstiger Voraussetzungen war.
Die wirtschaftliche Modernisierung war ein langsamer Prozess, der jahrelang durch das Drama der Weltwirtschaftskrise behindert und erst durch eine aktive staatliche Politik in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre beschleunigt wurde. Die soziale Modernisierung erwies sich unter derart definierten wirtschaftlichen Bedingungen als weitgehend vom Staat abhängig, und der Wert vieler moderner Lösungen, Veränderungen und Errungenschaften muss aufgrund ihrer begrenzten Reichweite zurückhaltend beurteilt werden. Der recht massive Zugang der Gesellschaft zur Populärkultur, der einen Teil des Zugangs zur Moderne ausmacht, oder die Millionen von Nutznießern der sozialen Tätigkeit des Staates lassen jedoch die Vermutung zu, dass die soziale Modernisierung der wirtschaftlichen Modernisierung einen Schritt voraus war, wofür vor allem die Zahlen, eine Folge der negativen Eröffnungsbilanz und der Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise, sprechen.
Die Bewertung der polnischen Modernisierung, insbesondere aus der Perspektive der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und auch mentalen Transformationen in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre, sollte zumindest teilweise von Quantifizierungsversuchen befreit werden. Ohne sich auf die der Geschichtserzählung fremden Überlegungen einzulassen, was geschehen wäre, wenn der Krieg nicht ausgebrochen wäre, sollte festgestellt werden, dass die beiden Jahrzehnte der Unabhängigkeit einen klaren Einstieg in eine grundlegende wirtschaftliche und soziale Modernisierung von Staat und Gesellschaft brachten, der durch die deutsche und sowjetische Aggression brutal unterbrochen und nach dem Krieg durch die Sowjetunion und die polnischen Kommunisten rücksichtslos entstellt wurde.
Aus dem Polnischen übersetzt von Matthias Barelkowski, Berlin