Klaus Scheel gehörte zu den wichtigsten Bankiers der Republik Estland 1918-1940. Sein Einfluss war so groß, dass er als „der ungekrönte König Estlands“ bezeichnet wurde. Dabei half ihm seine Fähigkeit, sich mit unterschiedlichen Gruppen zu vernetzen. Zu ihnen gehörten die alte deutschbaltischen Führungsschicht, der Scheel selbst entstammte, ebenso wie die neue estnischen Eliten. Auch international konnte Scheel seine vielfältigen Verbindungen nach Deutschland, England, Skandinavien und Russland nutzen. Die junge Republik Estland bot dem vielfältigen, international ausgerichteten Mann große Chancen. Gleichzeitig schufen die nationalen Auseinandersetzungen jener Jahre auch viele Fallstricke für seine Karriere. Das Projekt nutzt den Lebens- und Karriereweg Scheels nicht zuletzt dazu, um die Besonderheiten Estlands in den 1920er und 30er -Jahren zu untersuchen.


Am Beispiel der wichtigsten deutschbaltischen Bank der Zwischenkriegszeit in Estland, dem Bankhaus Georg Scheel & Co, wird die Verflechtung der deutschbaltischen Minderheit mit nationalen und internationalen Institutionen und Netzwerken in der Zwischenkriegszeit untersucht. Das Bankhaus wusste seine nationalen und internationalen Kontakte zu nutzen, um zu einer der wichtigsten Finanzorganisationen der jungen Republik zu werden. Dabei spielten illegale Goldtransaktionen aus der Sowjetunion ebenso eine Rolle wie die Kreditbeschaffung aus Deutschland oder die enge Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der deutschbaltischen Minderheit und den estnischen politischen und wirtschaftlichen Eliten.

 

18.10.2016
Letzte Aktualisierung: 22.12.2020