Affäre Werner:
Touristen aus dem Westen in der UdSSR in den frühen 1960er Jahren
Im August 1961 begab sich das Ehepaar W. aus Karlsruhe auf eine touristische Reise durch die Sowjetukraine. Mit einem Schiff in Sevastopol’ angekommen, besichtigten sie zuerst die Sehenswürdigkeiten auf der südlichen Krimküste, bevor sie dann ihre Reise mit dem Privatauto entlang einer von den sowjetischen Behörden festgelegten Marschroute fortsetzten: über Zaporižžja, Charkiv und Kyiv zurück zur der sowjetisch-rumänischen Grenze bei Czernowitz. Doch kurz vor der ukrainischen Hauptstadt wurden die Eheleute W. verhaftet, der Spionage beschuldigt und durch ein sowjetisches Militärgericht zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Vor dem Hintergrund der sich zu dieser Zeit erneut verschärften Berlin-Krise wurde der Fall in der Sowjetunion zum Gegenstand einer intensiven Propagandakampagne. In Westdeutschland wurde die Verhaftung und die verhängte Haftstrafe zum Politikum.
Das Teilprojekt hat zum Ziel, erstens, anhand der Ermittlungsdokumentation des ehemaligen KGB die Überwachungspraktiken und Reisebestimmungen für die westlichen Ausländer in der Ukrainischen Republik der 1960er Jahre zu schildern. Zweitens, wird danach gefragt, wie die Begegnungen zwischen den bundesdeutschen und sowjetischen Bürgern verliefen bzw. von beiden Seiten wahrgenommen wurden. Schließlich sollten auch die außenpolitischen Aspekte der Affäre auf der Basis unterschiedlicher Quellen analysiert werden, indem das Schicksal des Ehepaares W. durch das Prisma der Ost-West-Beziehungen im Kalten Krieg betrachtet wird.
Bild: Aus der Ermittlungsakte, September 1961. Behördenarchiv des Sicherheitsdienstes der Ukraine (SBU-Archiv), Kyiv.