1962 reiste Erik Gunnar Verg im Auftrag des Hamburger Abendblattes in das Baltikum, um eine Reportage über die Sowjetstaaten zu schreiben. Der berufliche Auftrag erlaubte dem in Tallinn geborenen Journalisten zugleich seine einstige Heimat zu besuchen. Vergs Reisebericht wurde in den Baltischen Briefen, der Publikationsplattform der Deutschbalten in der Bundesrepublik, als Fortsetzung gedruckt. Anja Wilhelmi analysiert ihn in ihrer Studie „‘Wiedersehen mit der Heimat‘. Reiseerfahrungen von Erik Gunnar Verg“. Der Bericht war für die Gemeinschaft der Deutschbalten von besonderem Interesse. Er bot einen der sehr raren Einblicke in die Gegenwart der baltischen Länder, die bis in die 1970er Jahre hinein nur sehr wenige Ausländer besuchen konnten. Die Pauschalreise, die Verg unternahm, war streng reglementiert und führte zunächst nach Moskau, dann erst nach Reval und endete in Leningrad. Gewissermaßen als Stellvertreter der deutschbaltischen Gemeinschaft verglich Verg in seinem Bericht Erinnerungen mit der Gegenwart. Er sprach von der Neugierde und Freundlichkeit vor Ort aber auch von der Kriegsfurcht der Esten und berichtete vom Prozess der zunehmenden Russifizierung und Sowjetisierung der Gesellschaft sowie von der wirtschaftlichen Entwicklung im Land. Sachlich dem Anspruch nach, sei der Bericht, so Wilhelmi, in seinem Grundtenor gleichwohl wertend, gar impulsiv, selektiv und von Betroffenheit getränkt. Verg bestätigte mit ihm gängige Narrative über den Osten. Zugleich aber lieferte er für diejenigen aber, die selbst über eine Reise ins Baltikum nachdachten, nützliche Reiseinformationen.
Die Studie ist Teil unseres gemeinsamen Forschungsprojekt „Begegnungen nach Plan“, dessen Ergebnisse wir auf unserer Homepage im Open Access präsentieren. Warum Polen ab den 1970ern deutschsprachige Reiseführer herausgab oder wie die sowjetische Regierung versuchte in Estland den Tourismus zu regulieren, erfahren Sie dort in den weiteren Projekten.